Im Gemeinschaftsraum frühstücken wir mit den anderen Reisenden. So treffen wir Tom, der vor zwei Tagen auch in den Zug Richtung Creel stieg. Er ist aus Canada und dies seine erste Radreise. Sein nicht gerade Vertrauen erweckendes 28" Fahrrad hat er vor kurzem gebraucht und billig gekauft und war in Tucson, Arizona gestartet. Inzwischen drei Wochen unterwegs, fuhr er seit Hermosillo dieselbe Strecke, nur immer zwei Tage hinter uns. So hörte er von den Einheimischen, daß zwei andere biker vor ihm unterwegs wären. Tom, the "one armed cyclist" Das erstaunliche an Tom ist sein Arm, denn er hat nur einen. Wir können uns kaum vorstellen, wie er die gleiche steile und kurvenreiche Strecke mit diesem wörtlichen Handicap gefahren ist. Sein einer Arm übernimmt die doppelte Arbeit und auch seine Hand mit den sehr starken Fingern ist gut doppelt so groß wie eine normale. Er ist travel guide, oben im Yukon Territory und Alaska. In den letzten Tagen vor Creel schlug er allerdings eine andere Route als wir ein. Drei Tage lang fuhr er eine schwere Gravelroad, wodurch sein Fahrrad nun etwas mitgenommen ist, zwei platte Reifen und eine verbogene Felge. Wir erwischen ihn gerade, wie er auf einer Betontreppe hüpfend auf der Felge selbige wieder richtet. Die Speichen spannt er mit einer Zange nach. Dann ist das bike mit einem Handgriff wieder umgedreht und bereit für die nächste Etappe.
Cusarare Wasserfall Wir brechen mit den bikes ohne Gepäck zum Arareko See auf. Vorbei an merkwürdigen Felsformationen erreichen wir den See. Das Ufer ist rundherum von Weidetieren zertrampelt, überall nur Schlamm und Mist. Auch Müll liegt herum und direkt am See fahren ein paar Kinder mit einem 4-Rad Buggy und machen einen Höllenlärm. Kein Wunder also, daß wir von den jetzt im Winter angeblich so zahlreich vorhandenen Vögeln nichts sehen. Fünf Enten sind in dem sogenannten Naturreservat insgesamt auszumachen.
Weiter geht's zum Cusarare Wasserfall, etwa 20 km südlich von Creel. Wir lassen die Fahrräder stehen und laufen durch das Land der Raramuri Einwohner. Die grellbunte Kleidung der Raramuri läßt sie wie leuchtende Punkte durch die Landschaft wandern. Vorbei an einfachen Holzhütten gelangen wir in das dicht bewaldete Tal, das zum Wasserfall führt. Am Wegesrand sitzen immer wieder Kinder oder alte Frauen, die ihre Handarbeiten, viele bunte Decken und wieder Piniengeflechte, zum Kauf anbieten.
Wir kommen oberhalb des Wasserfalls an, der im Winter nur recht wenig Wasser führt. Dennoch sieht er sehr schön aus. Das Wasser ist an einigen Stellen auf dem Weg nach unten gefroren und bildet Eisschichten auf dem Stein. Wir steigen noch hinab zum Fuße des Wasserfalls, wo ein eisiger Wind weht. Plötzlich kracht es gewaltig und ein großes Stück Eis donnert auf die Felsen vor uns. Die Nachmittagssonne scheint jetzt direkt auf die Felswand. Radlertreffpunkt Abends im Margaritas sprechen uns Annette und Giesbert an, sie sind auch mit dem Fahrrad unterwegs. Gestartet sind sie vor über 2,5 Jahren in Brasilien und wollen noch die nächsten sechs Monate weiter bis in die USA hinauf. Sie kommen nicht nur aus Deutschland, sondern wohnen sogar in unserer Nähe, gerade mal eine Tagestour mit dem Fahrrad von Berlin entfernt. Wir haben uns viel zu erzählen und erfahren von ihrer Begegnung mit Straßenräubern. Es geschah im Bundesstaat Chiapas, im Süden Méxicos. Auf einer wenig befahrenen Nebenstraße sprangen plötzlich drei Jugendliche aus dem Wald und bedrohten sie mit Waffen. Die bikes mitsamt aller Ausrüstung wurden ihnen abgenommen und in den Urwald gezerrt.
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