Vor 9 Uhr hat uns die mörderische Straße wieder. Der Mann vom Hotel sagt, bis Uruapan ginge es nur noch runter. Und natürlich, in Wahrheit gehen die ersten 10 km nur hoch. Die Auskünfte wissen wir inzwischen zu deuten.
Nach 200 hm, auf etwa 2400 m, scheinen wir den höchsten Punkt dieser Strecke erreicht zu haben. Jetzt geht es tatsächlich nur noch runter bis auf 1800 m. Unterwegs haben wir kaum Gelegenheit, die Landschaft vom Rad aus zu genießen. Das ständige in den Rückspiegel und nach vorne schauen beschäftigt uns voll. Dabei wird es erst richtig gefährlich, wenn kein(!) Fahrzeug von hinten kommt. Dann kommen uns unzählige Male hauptsächlich Busse auf unserer Spur entgegen. Wir müssen höllisch aufpassen, die Fahrer weichen keinen Millimeter aus. Von Abbremsen erst recht keine Spur. Immer wieder lenken wir runter vom Asphalt. Ein Busfahrer der selben Linie wie gestern scheucht uns sogar zusätzlich mit Lichthupe von der Straße. Unterwegs durchqueren wir ein größeres Bergdorf. Die Frauen tragen bunte Kleidung in allen Regenbogenfarben, die sich im krassen Gegensatz von der staubigen Straße und den dunklen Holzhäusern abhebt.
Pünktlich gegen die geschätzte Zeit um 11:40 Uhr kommt der Bus von gestern wieder. Diesmal aber stehen wir mit entsicherter Kamera am Straßenrand und schießen beim Vorbeifahren ganz offensichtlich Fotos vom Bus und Fahrer. Eigentlich nur, um ihn nachdenklich zu stimmen. Denn die Polizei würde sich unserer Sache wohl nur mit einem Lächeln annehmen. Selbst bei einem tatsächlichen Unfall würden die Busfahrer wahrscheinlich ohne jegliche Strafe davonkommen. Sehr schöne Landschaft, alles ist grün. Beinahe schon zu grün, nur selten ist ein Ausblick auf die Landschaft möglich. Vor der Stadt liegen riesige Avocadoplantagen. Ein Kilo Avocados kostet in dieser Region drei Pesos, etwa 0,30 €.
Als wir in Uruapan durch die Innenstadt fahren spricht uns bei einem kurzen Halt ein Radfahrer an. Leonardo und sein Bruder Adrian studieren seit einem Semester hier, stammen aber aus einer anderen Stadt. Und schon haben wir eine Einladung, bei den beiden zu bleiben. In der Stadt gibt es einige Straßen, die plötzlich extrem stark abfallen und sofort wieder auf Ausgangshöhe ansteigen. Nur ungebremst und mit voller Geschwindigkeit kommt man auf der anderen Seite wieder hoch. Riskant, denn die Straßen kreuzen sich genau an der tiefsten Stelle. Falls dort plötzlich ein Fahrzeug ankommen sollte, bringt Bremsen nicht mehr viel. Aber Leonardo brettert voraus und wir folgen mit den beladenen Rädern. Felgenwechsel Nachmittags ziehen wir den Mantel vom Laufrad. Wie vermutet reißt die Felge innen auseinander. Ein etwa 10 cm langer Riß, der sich aus früheren Erfahrungen schnell vergrößern wird. Eigentlich selbst schuld, war doch klar, daß eine Mavic 517 Felge zum Radreisen nichts taugt. Aber Maze wollte sie vor der Reise nicht wechseln und bis zu ihrem Ende fahren, damals gab er ihr noch etwa 2000 km. Ja, genau... Denn die 2000 km sind jetzt um. Die Brüder kennen die Fahrradläden der Stadt und helfen uns, eine Ersatzfelge zu finden. Es gibt zwei ganz brauchbare Läden. Im ersten will uns der Verkäufer eine Mavic-Felge für über 50 € andrehen. Kann er behalten. Im zweiten Laden gibt es gar keine Felge mit passender Lochzahl, also fahren wir nochmal zurück zum ersten. Der Verkäufer ist sichtlich entsetzt über die Entscheidung, eine billige Felge für die Weiterfahrt zu nehmen. Er würde lieber die kaputte 517 weiterfahren, als die neue Billigfelge. Wir bleiben dabei, das Teil für 20 € wird eingespeicht. Die hält garantiert die restliche Strecke, ganz im Gegensatz zur Kaputten.
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