Reisebericht Tibet
Radabenteuer extrem am Dach der Welt

Teil 4 Teil 5 von 13 Teil 6

Nach einer Woche auf dem Hochplateau nähern wir uns dem höchsten Punkt der Tour: dem Tanggula La auf 5231 Metern - gleichzeitig auch die Grenze zwischen den Provinzen Qinghai und Tibet. Die Auffahrt dauert viele Stunden. Dünne Luft, das schwere Gepäck, Gegenwind machen uns zu schaffen. Als wir allerdings ganz oben ankommen, ist die Stimmung kaum zu beschreiben. Neben uns tief herunter reichende Gletscher, ein Meer an bunten, wehenden Gebetsfahnen, grandiose Aussicht auf die Unendlichkeit der Landschaft lassen alle Anstrengungen schnell vergessen. Diese intensiven Gefühle sind mit keinem Geld der Welt zu erkaufen.
Im Windschatten des kommunistischen Denkmales wird zur Feier des Tages ein aus Europa mitgebrachtes Trockenmenü zubereitet. Eine willkommene Abwechslung zu den alltäglichen Instantnudeln und Keksen. Währenddessen müssen wir hin und wieder für chinesische Touristen als Fotoaufputz herhalten. Die ersten europäischen Bustouristen der Tour bringen uns großen Respekt und Bewunderung entgegen. Das tut uns gut.

Nach diesem - auch wortwörtlichem - Höhepunkt fahren wir nicht mehr allzu weit und schlagen das Zelt auf 5100 Metern auf. Erholung mit Tagebuch schreiben und mit Musik aus dem Walkman haben wir uns an diesem erfolgreichen Tag redlich verdient. In der Nacht beginnt es zu regnen. Es prasselt heftig auf das Zelt bis das Geräusch allmählich leiser und leiser wird und verstummt. Das Wetter wird wohl wieder besser, denke ich und schlafe ein. Am nächsten Morgen merke ich jedoch bald, was los ist. Die Landschaft inklusive der Räder sind unter einer weißen Decke begraben, die Zeltstangen biegen sich bedrohlich nach innen. In der Nacht hat es tatsächlich geschneit!
In dieser Höhe ist das ganze Jahr über mit kleinen Wintereinbrüchen zu rechnen. Im Laufe der weiteren Tour passiert uns das noch zweimal. Allerdings haben wir da die Nacht bewusst auf Pässen verbracht, um am Morgen die meist klare Sicht zu genießen. Die bezaubernde Winterlandschaft macht das ganze zu einem unbeschreiblichen Erlebnis.

 

Kurz hinter dem Tanggula La
Auf dem tibetanischen Hochplateau

 

Teil 4 Übersicht Teil 6

 Autor: Ulrich Sertl
Dieser Artikel wurde uns freundlicherweise von Ulrich Sertl für die Veröffentlichung zur Verfügung gestellt. Auf seiner Homepage pedalglobal.net findet ihr unter anderem weitere Informationen über Tibet.

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