Um 6 Uhr früh werden wir von merkwürdigen Geräuschen geweckt. Es scheppert und ein dumpfes Schnaufen ist zu hören. Da auf dem gesamten Campground keine bärensicheren Abfalleimer stehen, fällt der erste Gedanke auf einen Elch. Aber nach einer weiteren Minute ist klar, daß es sich nur um einen Bären handeln kann. Natürlich ist unser Puls rasend schnell, wir versuchen Ruhe zu bewahren und nichts Unüberlegtes zu tun. In dieser Gegend könnte es eigentlich nur ein Schwarzbär sein. Und so wird die aus Büchern gelernte Taktik des lauten Geräusches angewandt. Wir schreien wie die Kranken und das Tier sucht tatsächlich schnell das Weite. Nach späteren Augenzeugenberichten handelte es sich wirklich um einen Schwarzbären. Nach dem Öffnen des Zeltes ist zu sehen, was er wollte: Unser Essen. Wir haben den Müll vom Vorabend nicht weggeräumt und das hat den Bären sicher angelockt. Eine Eßtasche hat wohl auch gut gerochen, denn sie hat einen Riß von seinen mächtigen Pranken. Ab diesem Augenblick haben wir tiefen Respekt vor Bären aller Art und sind so vorsichtig, wie es nur geht. Diesmal ist die Begegnung gut gegangen und dabei soll es auch bleiben. Auf dem gesamten Campground hat der Bär auf der Suche nach Nahrung gewütet. Viele Abfalleimer sind umgekippt und der Inhalt weit verstreut. Wir fragen uns, wie später noch öfter, warum hier keinerlei Vorkehrungen getroffen wurden, den Bären den Zugang zum Abfall zu erschweren. Die Mücken auf diesem Campground sind grauenhaft, sie greifen gleich am frühen Morgen in Massen an. Deshalb essen wir schnell, bauen das Zelt zusammen und brechen auf. Nach einigen Kilometern fängt es wieder an zu regnen. Hinter der Junction mit dem Cassiar Highway führt die Straße an den Seven Sister peaks vorbei, die höchste Spitze ist 2786 m hoch. Leider mal wieder nichts zu sehen. Nach weiteren 5 km ist der Seven Sisters Campground erreicht, der eigentlich heutiges Ziel war. Doch ist es hier so dreckig, daß der Beschluß, weitere 70 km trotz Nieselregen weiterzubiken, schnell fällt. Irgendwann hört auch der Regen auf. Wie in Trance geht es immer weiter am Ufer des Skeena Rivers entlang. Direkt am Straßenrand ist ein weiterer Schwarzbär zu Gange, aber er läßt sich nicht stören als wir auf der anderen Seite vorsichtig passieren. Hinter dem Kleanze Creek Provincial Park wohnt Zak's Bekannter, Mr. Kubik mit seiner Frau. Er hat uns eingeladen doch mal vorbeizuschauen, wenn wir in der Gegend sind. Es ist zwar ein Tag früher als verabredet, aber das ist uns in dieser feucht-kühlen Situation der letzten Wochen ziemlich egal. Eine Skizze, die er beim Berlin-Besuch Ende 1995 gezeichnet hatte, ist die einzige Orientierung. Die Zeichnung ist grandios: Sie zeigt auf einem A5 Blatt einen Strich von rechts nach links, der einer Entfernung von etwa 600 km entspricht (Prince George - Terrace). Irgendwo kurz vor Terrace soll eine(!) Laterne auf der rechten Straßenseite stehen und dort muß rechts abgebogen und ein paar Meter gefahren werden, um so auf sein Haus zu stoßen: Völlig absurd. Aber es ist genauso wie beschrieben, die einzige Laterne auf 600 km Entfernung steht tatsächlich da. Also biegen wir ganz locker um die Ecke und trauen unseren Augen nicht, Mr. Kubik steht mit einem Nachbarn auf der Straße und plaudert. Natürlich erfolgt sogleich eine freundliche Begrüßung, dann geht es die letzten Meter zu seinem Haus. Dort lernen wir seine Frau Barbara kennen. Beide Kubik's sind inzwischen auf Rente und genießen ihr Leben hier am Rande der Zivilisation. Nach einem gemütlichen Essen wird Haus und Grundstück besichtigt. Wir sind beeindruckt. Nach langem Smalltalk und Erfahrungsberichten schlafen wir nach knapp vier Wochen endlich mal wieder in einem normalem Bett. Herrlich!
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