Reisebericht México

2800 km durch den weiten Norden Méxicos


Zusammenfassung
   

Landschaft
México ist ein Land mit vielen Gesichtern, von Wüste bis Regenwald, von heißen Strandregionen über vereiste Straßen im Gebirge. Obwohl es im Norden durch das trockene Klima nur wenig Vegetation gibt, hat uns diese Region sehr gefallen. Je weiter und höher wir in die Berge nach Osten fuhren, desto mehr nahm die Vegetation zu und veränderte die Landschaft. Grandiose Berge, kaum Verkehr, Stille und glasklare Luft und dichter Nadelwald überziehende Berge.
Vorbei an eindrucksvollen Canyons, die sich weit und tief in das Land ziehen. Alleine dafür würde sich ein eigener Wanderurlaub lohnen. Spärlich bewachsene Halbwüsten zermürbten uns mit nicht enden wollenden Hügelketten, hatten aber auch ihren eigenen Reiz: Sanft geschwungene, sandfarbene Hügel vor einem tiefblauen Himmel.
Nur menschliche Siedlungen kündigten sich beinahe ohne Ausnahme durch vorgelagerte Müllansammlungen am Straßenrand an.

Einheimische
Auf keiner Reise zuvor hatten wir so oft und so herzlichen Kontakt zu den Einheimischen. Die Hilfsbereitschaft war sehr groß und kam von Menschen der unterschliedlichsten gesellschaftlichen Schichten. Sehr einfach lebende Familien luden uns in ihr Haus ein, ebenso wie ersichtlich wohlhabende.
So endete die Frage auf einen Platz zum Zelten nach kurzer Unterhaltung oft mit einer Einladung zum Übernachten im Haus, sowie Abendessen und Frühstück. Es ging sogar soweit, dass wir zwei Mal ein eigenes Haus zum Übernachten bekamen. Es gab zwar auch Ausnahmen, wo uns in manchen Orten niemand auf dem eigenen Grundstück zelten lassen wollte, aber diese resultierten wahrscheinlich aus der Sicherheitslage in der jeweiligen Region. Wo mehr Kriminalität herrscht, sind die Menschen zurückhaltender und vorsichtiger Fremden gegenüber.

Tiere
In den trockenen Gebieten waren oft Geier zu beobachten. Oder besser gesagt, die Geier kreisten weit oben im Himmel und beobachteten uns... Von den Weidetieren und den vielen toten Hunden auf der Straße mal abgesehen fielen uns weiter im Süden die vielen Vögel auf, die in großen Ansammlungen auftraten.
Ein Höhepunkt waren die Monarchen Schmetterlinge, die jedes Jahr zu vielen Millionen in den Bergregionen Michoacáns und Estado de Méxicos überwintern.

Insekten / Mücken
Zumindest in den Regionen und zu der Jahreszeit, in der wir unterwegs waren, gab es keinerlei Probleme mit Insekten.

Wetter
Kaum zu glauben, war dies doch die erste Radreise, während der es beinahe gar nicht regnete. Nur ganze zwei Mal wurden wir zum Ende der Reise etwas naß. Den Rest der Strecke schien die Sonne vom klaren Himmel und wurde nur manchmal von ein paar Wolken verdeckt. Besonders in dem kühlen Klima der nördlichen Berge kamen die wärmenden Sonnenstrahlen wie gerufen und machten das Fahren sehr angenehm.

Zelten
Wir wurden von vielen Einheimischen davor gewarnt, außerhalb von Ortschaften zu zelten. Das Risiko in der Nacht überfallen und bestenfalls nur ausgeraubt zu werden, sei zu hoch. So versuchten wir unser Zelt immer in kleinen Dörfern oder Ortschaften aufzuschlagen. Öfters kamen wir gar nicht dazu, das Zelt aufzubauen und erhielten eine Einladung, im Haus einer Familie zu übernachten.
Eine Zeltplatzsuche außerhalb von Ortschaften wäre auch nicht so einfach gewesen, da die angrenzenden Landstriche fast durchgängig von der Straße abgezäunt waren. Wir trafen unterwegs zwei Radreisende, die sich kurzerhand eine große Drahtschere gekauft hatten. Damit öffneten sie die Zäune, schlossen sie hinter sich wieder und suchten einen gut geschützten Zeltplatz. Zwar eine Möglichkeit, aber sicher nicht die beste. Sollte der Besitzer das einmal mitbekommen, könnte es echt unangenehm werden.

Sicherheit
Besonders zu Beginn der Reise hatten wir aufgrund der vielen Warnungen ein recht mulmiges Gefühl. Vor allem über den Bundesstaat Chihuahua hörten wir viele Schauergeschichten von Überfällen, Morden und Vergewaltigungen. So waren wir speziell die ersten Wochen sehr vorsichtig und vermieden es in manchen Situationen sogar, die Fotoapparate zu benutzen. Zum Beispiel in Ortschaften oder selbst bei vorbeifahrenden Autos auf der Straße. Wir wollten niemanden den Anlaß geben, uns später an anderer Stelle auf den wenig befahrenen Straßen auszurauben.
Auf wertvollen Schmuck, wie z.B. Ringe an den Fingern, sollte völlig verzichtet werden. Wir gingen noch einen Schritt weiter und besorgten uns am Anfang der Reise in México Stadt zwei ganz einfache Halsketten mit einem kleinen Holzkreuz. Diese trugen wir die gesamte Zeit über. Falls wir in eine brenzlige Situation kommen sollten und uns jemand bedroht, sollte dieses Zeichen die Skrupel des Angreifers wecken und uns wenigstens unsere Haut retten. Denn so gut wie jeder in diesem Land ist stark katholischen Glaubens.
Unsere Erfahrungen sehen zum Glück ganz anders aus. Während der gesamten Reise gab es keine einzige gefährliche oder unangenehme Situation, vom Straßenverkehr mal abgesehen.

Straßenverhältnisse
Während der Reise haben wir so unsere eigene Theorie über die Verkehrsverhältnisse entwickelt. Sind die Mexikaner doch so offene, nette Menschen im Alltag, so brennt anscheinend bei den Fahrern eine Sicherung durch, sobald der Verkehr eine bestimmte Dichte erreicht hat. Dann werden lebensgefährliche Überholmanöver regelrecht zur Pflicht. Wir hatten Situationen, bei denen sich drei Fahrzeuge parallel überholt haben, bei nur einer Spur pro Richtung!
Ein Rückspiegel am Fahrrad ist in México unerläßlich. So ist es möglich, bei so manch brenzliger Situation die Straße rechtzeitig zu räumen, um unangenehmen Situationen aus dem Weg zu gehen.

Wandern
Wo ihr wandern wollt, sollte schon vorher geplant werden. Detailierte Karten und vor allem Bücher, die den Weg beschreiben sind unerläßlich, da sich vor Ort in der Regel keinerlei Infos oder Schilder finden. In abgelegenen Gebieten ist es manchmal gar nicht so falsch, einen Einheimischen als Führer mitzunehmen. Den Preis dafür auf jeden Fall vorab aushandeln.

Preise
Insgesamt sind die Kosten für Verpflegung schon günstiger als in Deutschland, aber México ist auch nicht gerade ein "Billigland".
Hotelübernachtungen für ein Zimmer rangieren von 50 Pesos in den kleinen Bergdörfern im Norden bis zu 400 Pesos in Städten. Wir sprechen hier von einfachen Unterkünften, also was das Radlerherz so begehrt - noch teurere Hotels gibt es in den Städten natürlich auch. Die vielen Sterne am Hoteleingang haben zumeist nichts mit dem Hotelkomfort und Preis selbst zu tun. Sie wurden wahrscheinlich nur angebracht, da noch etwas Farbe übrig war. Das ist zumindest unsere Vermutung.

Kartenmaterial
Die ultimative Allroundkarte haben wir nicht gefunden, aber dafür ein sehr gutes Zusammenspiel von den drei folgenden Kartentypen, die jeweils ihre Stärken haben und sich so ergänzen. Fehlerhafte oder veraltete Angaben gibt es leider trotzdem in jeder zu finden.

  • Zur groben Planung bot sich die Übersichtskarte "Mexico" 1:2,5 Millionen vom Nelles Verlag (ISBN 3-88618-548-6) an, in welcher der Verlauf der einzelnen Gebirgszüge gut zu erkennen ist.
  • Genauere topographische Karten gibt es vom INEGI, Instituto Nacional de Estadistica Geografia e Informatica. Mit dem Maßstab 1:1 250 000 wird jeweils ein Bundesstaat abgedeckt. Zum Navigieren zwar ausreichend, doch die Topografie unterschlägt zuviele Berge. Besser die Karten mit 1:250 000, zudem geradezu perfekt, um auch auf kleinen Nebenwegen zu fahren.
    Diese sind allerdings nicht sehr aktuell, was kleine Dörfer und Straßen angeht. Daher sehr gut zu ergänzen mit der GUIA ROJI Karte. Zu bekommen sind diese z.B. direkt bei Ankunft im Flughafen in Mexico Stadt, einfach nach dem kleinen Kartengeschäft fragen, es ist leicht zu übersehen.
  • Die Straßenkarte im Maßstab 1:1 000 000 von GUIA ROJI, S.A. de C.V. (ISBN 970-621-131-4) ist aktuell und verzeichnet auf über 100 Seiten auch die meisten kleinen Dörfer und Straßen. Sie enthält zudem Stadtkarten der größeren Städte.

Musik
Zu unserem Erstaunen ertönte im Norden des Landes aus beinahe jedem vorbeifahrendem Auto laute, stimmungsvolle Polka, der estilo norteño. Haargenau der selbe Stil wie wir ihn aus Deutschland kannten. Erst bei genauerem Hinhören war Gesang in der hiesigen Landessprache zu vernehmen. Und in der Tat wurde diese Musik einst von Eisenbahnbauern aus Böhmen und Mähren in diese Region gebracht (Interessierten sei die Seite Das lateinamerikanische (Volks)Lied empfohlen). Dieser Stil wurde längst in die einheimische Kultur aufgenommen. So kündeten uns in Nordméxico laute Tuba und Akkordeon stets ein sich näherndes Fahrzeug an.


Fazit
   

Es war eine schwere Reise, besonders für Luisa, die zum ersten Mal so lange mit dem Fahrrad unterwegs war. Die unzähligen Berge und Hügel erschwerten das Vorankommen sehr. Doch wunderschöne Landschaft, von Herzen freundliche Menschen und größtenteils intakte Natur wogen die Strapazen mehr als nur auf.
México - ein Land zum Radreisen? Keine einfache Frage. So viele verschiedene Eindrücke und Gegensätze gab uns bislang keine andere Reise. Und auch noch nirgendwo kamen wir mit den Einheimischen so oft in Kontakt wie in diesem Land.
Für den Anfang waren wir diesmal zumeist auf kleinen Neben-, aber auch Hauptstraßen in México unterwegs. Auf kleinen Schotterwegen weitab der normalen Straßen durch das Land - das wäre auf jeden Fall eine weitere Radreise wert. Bei einem nächsten Mal würden wir vielleicht vermehrt auf solche Wege ausweichen, wogegen das höhere Risiko eines Überfalls abzuwägen wäre.
Soviel steht fest: México per Fahrrad - Ein großartiges Erlebnis, das wir nie vergessen werden.

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© 2000-2003 M.C. Hoeschen & R.J. Stephan
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