Der Bär - Verhalten bei einer Begegnung

Falls es trotz aller Vorkehrungen doch zu einer Begegnung kommen sollte, ist eines vor allem wichtig: Ruhe bewahren. Da sich Schwarz- und Braunbären in manchen Situationen unterschiedlich verhalten, findet ihr nach einem allgemein gültigen Teil einige getrennte Hinweise für beide Arten.


Schwarz- und Braunbär

Wenn der Bär noch weit entfernt ist, solltet ihr ihn als erstes auf euch aufmerksam machen. Wer nur zu zweit oder alleine unterwegs ist, sollte abwägen ganz umzukehren oder zumindest einen weiten Bogen um den Bären zu machen. In der Regel verläuft eine Begegnung zwar ohne Zwischenfälle, aber wo auch immer möglich, sollte man ihm aus dem Weg gehen.
Um dem Bären die eigene Präsenz zu signalisieren, beide Hände über dem Kopf schwenken und je nach Entfernung laut Reden. Bei mehreren Personen ist das um so wirkungsvoller, wenn ihr euch nebeneinander aufstellt. Der Bär wird euch bemerken und entweder die Flucht ergreifen oder weiter unbeeindruckt seiner Tätigkeit nachgehen. Im ersten Fall beachten, in welche Richtung der Bär gerannt ist und möglichst einen anderen Weg gehen. Bleibt er hingegen ruhig stehen und blockiert z.B. den Wanderweg, so solltet ihr zurückgehen oder einen weiten Bogen um ihn machen. Auf dem Rückweg die betreffende Stelle mit besonderer Sorgfalt passieren!

Ist der Bär schon in unmittelbarer Umgebung und hat euch bemerkt, weicht aber nicht zurück, so dürft ihr auf garkeinen Fall wegrennen. Dies ist der größte Fehler, der in dieser Situation gemacht werden kann, da der Bär durch seinen Jagdinstinkt sofort die Verfolgung aufnehmen würde. Stellt euch also wiederum nebeneinander und legt die Hände auf die Hüften (die eigenen wohlgemerkt!). Dies suggeriert dem Bär, sein Gegenüber wäre breiter und damit größer als er selbst. Auf keinen Fall andere Tiere immitieren und z.B. Pfeifen, sondern ruhig in normaler Stimmlage auf den Bären einreden. Auch mit den Armen im weiten Bogen über den eigenen Kopf schwenken. Damit wird eine Verwechslungsgefahr mit einem anderen Tier ausgeschlossen. Wie schon erwähnt, hätte ein Bär eigentlich dringend eine Brille nötig. Um eine Rangerin aus dem Kluane National Park in Canada zu zitieren: Fortunately the moose haven't yet learned to weave their horns...

Dem Bären nicht direkt in die Augen sehen, sondern höchstens vor ihm auf den Boden blicken. Keine schnellen Bewegungen machen oder andeuten, sondern langsam entfernen. Wenn der Bär folgt, wieder stehenbleiben. Vielleicht steht ihr dem Bär im Weg, deshalb langsam seitlich ausweichen und z.B. einen Pfad freigeben. Stellt er sich auf die Hinterbeine, kann das schon verdammt bedrohlich aussehen, kommt er doch locker auf 2,5 m Größe. Damit verschafft er sich aber lediglich einen Überblick und es besteht keine Gefahr.
Setzt der Bär zu einem Angriff an und kommt auf euch zugerannt, so ist dies in den meisten Fällen nur ein vorgetäuschter Angriff. Es ist zugegebenermaßen leicht gesagt, aber auch jetzt dürft ihr nicht wegrennen und müßt hoffen, daß er kurz vor euch abbremst. Um einen schnell näherkommenden Bären abzulenken, könnt ihr auch einen Gegenstand (z.B. Halstuch oder Hut) fallenlassen und euch langsam entfernen. Der Bär bleibt möglicherweise stehen, um sich das näher anzusehen und verliert so Interesse an euch. Wichtig ist dann allerdings, daß es sich nicht auch nur annähernd um etwas Eßbares handelt.
Als Alternative dazu haben wir immer als letzte Lebensversicherung eine Dose Pfefferspray dabei, die in diesem Augenblick eingesetzt werden kann. Dabei ist darauf zu achten, daß kein Wind von vorne weht, denn sonst setzt man sich nur selbst außer Gefecht. Nach einem gezielten Treffer ist der Bär erst mal eine Weile mit sich selbst beschäftigt, trägt aber keine bleibenden Schäden davon. Die Dosen gibt es in unterschiedlichen Größen, die alle in einer Halterung griffbereit am Gürtel getragen werden können. Die Waldarbeiter in Nordamerika tragen übrigens stets eine am Körper.

 

Die große Dose Bärenspray reicht für 8 Sekunden

 

Schwarzbär (Ursus Americanus)

Im Profil eines Schwarzbären Unterschied zum Grizzly ist der Schwarzbär etwas kleiner und besitzt keine ausgeprägten Muskeln in Form einer Erhöhung über den Schultern. Sein Fell ist schwarz, allerdings kann auch ein Grizzly schwarzes Fell haben. Ihr solltet also weniger auf die Farbe als mehr auf die Figur des Bären achten. Und bevor die folgenden Maßnahmen ergriffen werden, solltet ihr ganz sicher sein, daß es sich wirklich um einen Schwarzbären handelt.
Wenn ein Schwarzbär angreift, kann er eingeschüchtert werden indem ihr ihn anschreit. Setzt euch z.B. mit einem starken Stock zu Wehr und schlagt zurück. Visiert dabei seine Nase oder Augen an. Da der Schwarzbär gut klettern kann, ist es nicht ratsam auf einen Baum zu flüchten.


Braunbär, Grizzly (Ursus Arctos Horribilis)

Der Profil eines Grizzlys Grizzly ist bei weitem gefährlicher als der Schwarzbär. Sein Fell ist normalerweise braun, kann aber auch hellblond oder gar schwarz sein. Ein Merkmal sind die über seinen Schultern ausgeprägten Muskeln. Gut genährte Grizzlys können bis zu 500 kg wiegen! Er hat zudem längere Klauen als ein Schwarzbär.
Wenn ein Grizzly angreift, auf keinen Fall zurückschlagen. Die einzigste Chance ist, sich auf den Boden zu werfen und tot zu stellen. Dabei die Knie und Ellenbogen zum Bauch anziehen und mit den Händen das Gesicht schützen. In dieser Position regungslos und still verharren, bis ihr sicher seid, daß der Bär sich zurückgezogen hat. Eine angenehmere Methode ist sich auf einen Baum zu retten, denn Klettern ist nicht des Grizzlys Stärke. Es darf aber nicht ungesagt bleiben, daß es Berichte gibt, laut denen Grizzlys sehrwohl auf Bäume klettern können. Also ist selbst hier Vorsicht angebracht.


Ein Angriff bei Nacht, oder wenn ein Bär sich anschleicht

Es passiert zum Glück nur äußerst selten, daß ein Bär des Nachts angreift, oder sich an Menschen heranpirscht. Sollte es dennoch einmal soweit kommen, besteht äußerste Lebensgefahr. Denn dieser ungebetene Besuch bedeutet, daß der Bär auf Beutezug ist. Und die Beute seid ihr. Seid ihr sicher, daß der Bär wirklich hinter euch her ist, versucht um jeden Preis zu entkommen. Jetzt ist auch alles zur eigenen Verteidigung erlaubt, Schlagen und Schreien inbegriffen. Laßt den Bären merken, daß ihr keine einfache Beute seid.


Nach einem Angriff

Sollte es zu einem Angriff gekommen sein, den ihr hoffentlich unbeschadet überstanden habt, so ist es wichtig, den Vorfall der nächsten Ranger-Station zu melden. Dazu ist es vorteilhaft, sich das genaue Aussehen des Bären (Größe, Fellfarbe, auffällige Flecken) zu merken.

Tip Falls ihr vorhabt, in ein Bärengebiet zu fahren, solltet ihr schon lange vor Reisebeginn einige Szenarien im Kopf durchspielen. Denn es kann sehr lange dauern, bis man den uralten menschlichen Instinkt des Wegrennens überwindet. Die durchgespielten Begegnungen werden so wahrscheinlich nie passieren, aber sie helfen sich an die Regeln zu halten und im Notfall Fehler zu vermeiden.

Auf unseren Reisen treffen wir immer wieder viele Leute, die sich nicht an die Regeln halten. Meist sind dies Einheimische, die mit dem Spruch "There are no bears around" das Thema abgehakt haben. Kein Wunder, daß jedes Jahr alleine in Nordamerika fast ein Dutzend Menschen durch Bären getötet werden. Unsere Begegnungen waren bis heute glücklicherweise alle ohne ernste Zwischenfälle.

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